Ich gebe zu, ich bin immer noch stocksauer. Denn der Titel dieses Beitrags hätte ebenso gut „Kampf um die Wahrheit“ oder „Einstürzende Kartenhäuser“ lauten können.
Als Politiker entscheide ich nach den Informationen, die ich von der Stadtverwaltung, aber auch von den Gesprächen mit meinen Mitbürgern bekomme. Doch was passiert, wenn sich herausstellt, dass die Antworten der Stadtverwaltung auf die Fragen der Kommunalpolitiker falsch sind?
Schlimmer noch – was ist zu tun, wenn es sich so darstellt, dass man mir als politischem Vertreter anscheinend ganz bewusst falsche Antworten gegeben hat?
Ein Umstand, der bei mir nicht nur viele Fragen aufwirft,
sondern auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Politik kaum noch möglich macht.
Keine leichte Situation.
Doch beginnen wir von vorne:
Alles begann 2018.
Ein Bürger kaum auf meine Fraktion zu und fragte, warum man kaum noch an den Elbstrand käme. Der Beachclub habe nach und nach sehr viel angebaut und sich so ausgebreitet, dass ein Zugang zu dem öffentlichen Strand kaum noch möglich sei.
Gesagt getan.
Zunächst einfach mal eine mündliche Nachfrage zur Genehmigung der Anbauten am Elbufer Ende 2018. Diese ging zunächst leider unter und wurde nicht beantwortet.
Also haben wir zum Jahreswechsel 2018/2019 einfach schriftlich nachgefragt – denn schriftliche Fragen müssen durch die Auskunftspflicht beantwortet werden.
Kompliziert waren diese zwei Ja-Nein-Fragen wirklich nicht:
Anfragen DIE LINKE zum Beachclub „20 Grad“ in Wedel vom Jahreswechsel 2018/2019 (Q)
-
- Sind die vorgenommenen Erweiterungen vertraglich vereinbart worden?
- Wie groß ist die vertraglich vereinbarte maximal mögliche Ausdehnung des Beachclubs?
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, denn es war meine erste Handlung als festes Mitglied im Planungsausschuss, nachdem ich kurz zuvor für den zurückgetretenen Dieter Strüven übernommen habe. Dass die zuvor schon gestellte mündliche Nachfrage verloren gegangen ist konnte passieren und ich habe mir damals wenig dabei gedacht.
Doch dann begann bereits mit meiner ersten politischen Amtshandlung eine Odyssee auf der Suche nach der Wahrheit, die sich bis zum heutigen Tag hinzieht.
Denn zunächst geschah monatelang gar nichts.
Meine erste drängenlde Nachfrage zur Beantwortung der schriftlichen Fragen kam am 5.2.2019 (Q),
eine weitere dann am 5.3.2019 (Q).
Erklärt wurde mir die Verzögerung nur ganz knapp mit einem komplizierten Sachverhalt.
Nach einem halben Jahr dann endlich Antworten?
Am 7.5. bekam ich über ein halbes Jahr nach der ersten mündlichen Nachfrage endlich die Antworten auf meine beiden Fragen.
Warum es so lange gedauert hat war nur schwer zu verstehen: Die Antworten bestanden am Ende aus gerade mal 3 kurzen Sätzen.
-
-
Sind die vorgenommenen Erweiterungen vertraglich vereinbart worden?
Antwort der Verwaltung:
„Die Abmessungen und Aufbauten im Beachclub sind überprüft und mit den Angaben im aktuellen Mietvertrag abgeglichen worden. Der bauliche IST-Zustand mit den vorgenommenen Erweiterungen ist Bestandteil des aktuellen Mietvertrages.“ -
Wie groß ist die vertraglich vereinbarte maximal mögliche Ausdehnung des Beachclubs?
Antwort der Verwaltung:
„Die maximal mögliche Ausdehnung des Beachclubs ist mit dem IST-Zustand erreicht.“
-
Die lange Verzögerung hat mich damals schon etwas verwundert. Zu den schriftlichen Antworten der Verwaltung habe ich noch einmal nachgefragt, von wann denn der in Antwort 1 gegebene geänderte Mietvertrag sei.
Man sagte mir, der aktuelle Vertrag wäre vom Jahresende 2018/2019, darin ginge es aber nur um die Anpassung der Miethöhe.
Die letzte Vertragsänderung geschah also NACH den ersten mündlichen Fragen zu der Situation am Beachclub.
Der Verdacht lag damals nahe, dass man nach der ersten mündlichen Nachfrage am Jahresende 2018 noch flink den Vertrag neu aufgesetzt und das Problem behoben hat, um auf die Fragen positiv antworten zu können. Damals habe ich nur mit den Augen gerollt – das Thema schien dann nun wenigstens erledigt. (Q – Punkt 12)
Zeitsprung:
24.9.2020 – Anderthalb Jahre später,
die September-Ratssitzung
Bei den Ratsunterlagen befand sich auch der Jahresbericht der Stabstelle Prüfdienste der Stadt Wedel. (Q – Seiten 39-41)
Zu meiner Verwunderung beinhaltet dieser eine äußert ausgiebige, mehrseitige und damit im Vergleich mit den anderen Positionen in dem Papier äußert lange Beanstandung zur Pachtangelegenheit Beachclub 28 Grad.
So heißt es dort:
Bezogen auf Wedel wurden erstmalig weitere Fachdienste im Hause um eine Stellungnahme im Zusammenhang mit der Vertragsneugestaltung gebeten. Diese plädierten dafür, dass bei einer Vertragsverlängerung umsetzbare und konkrete Sanktionsmöglichkeiten bis hin zu einem Sonderkündigungsrecht vorgesehen werden sollten, um städtische Rechte und Auflagen durchsetzen zu können, da die bisherige Kooperationsbereitschaft des Mieters in Bezug auf solche Maßnahmen als eher unzureichend beschrieben wurde. So wurden beispielsweise nicht genehmigungsfähige, eigenmächtig errichtete und seit Sommer 2019 pavillonartig überdachte Podeste inklusive deren Verankerung im Bereich des Hochwasserschutzdeckwerkes oder eine nicht abgestimmte Lagererweiterung angeführt.
Dennoch stellte sich nach dem Übersenden des neuen Angebotes heraus, dass aus städtischer Sicht doch noch nicht alle strittigen Punkte mit dem Änderungsvertragsangebot ausgeräumt waren. Es ist nach wie vor offen, ob die vom Beachclub in Anspruch genommene und bisher nicht vertraglich abgedeckte Fläche seitens der Stadt akzeptiert wird und welche Auswirkungen der bauliche Eingriff ins Hochwasserdeckwerk hat. Ferner besteht seitens einiger Fachdienste großes Unverständnis über das immer wieder eigenmächtige Verhalten des Beach-clubs. Daher unterblieb bislang eine Unterzeichnung durch die Stadt Wedel, obwohl der Mieterden vom ihm unterschriebenen Vertrag zurückgesandt hatte.
Insofern ist der Änderungsvertrag nicht geschlossen worden.

Mit anderen Worten:
Anders als von der Stadtverwaltung in ihren schriftlichen und mündlichen Aussagen behauptet,
existierte überhaupt kein rechtsgültiger Vertrag.
Auch im Haupt- und Finanzausschuss am 14.9.2020 war der Beachclub ebenfalls Tagesordnungspunkt im nicht-öffentlichen Sitzungsteil. Ich habe dort noch einmal um Bestätigung der Informationen aus dem Prüfbericht gebeten.
Folgende Falschaussagen liegen nun also vor:
-
- Die Ausbreitung der Beachclub-Anbauten seien vertraglich geregelt gewesen
- Die letzte Vertragsänderung sei zum Jahreswechsel 2018/19 erfolgt
- In dieser Vertragsveränderung ginge es nur um die Miethöhe
- Zudem wurde bei meiner Anfrage die im Prüfbericht genannte laufende Vertragsverhandlung niemals erwähnt, obwohl diese die lange Antwortdauer erklärt hätte.
Bewusste Falschaussage und absichtliche Täuschung?
Es stellt sich mir nun so dar, dass die Stadtverwaltung zunächst versucht hat, nach der Anfrage zu dem Thema noch schnell eine Vertragsänderung zu erwirken. Da man offenbar zu keiner Einigung mit dem Beachclub kommen konnte, verzögerte man die Antworten auf diese Fragen weiter und weiter. Schließlich gab man mir Antworten über die Situation, wie man sie gerne hätte – man behauptete, es wäre mit der Genehmigung für die Ausbreitung der Gebäude alles in Ordnung. Notgedrungen gab man noch zu, dass die letzte Vertragsänderung nach der ersten Frage dazu zustande kam, aber es ginge dabei nur um die Miethöhe.
Aus meiner Position kann ich anhand der Fakten einfach nur von einer bewussten Täuschung ausgehen. Einen nicht-existenten Vertrag und falsche Aussagen zu seinem Inhalt macht man einfach nicht versehentlich.
Kein Kavaliersdelikt
Die Gemeindeordnung ist bei Fragen der Fraktionen unmissverständlich: Es gilt die Auskunftspflicht.
Einzelnen Gemeindevertreterinnen oder -vertretern hat die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister in allen Selbstverwaltungsangelegenheiten und zu allen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Gleiches gilt für die nicht der Gemeindevertretung angehörenden Mitglieder von Ausschüssen für den Aufgabenbereich ihres Ausschusses, sowie Mitglieder von Ortsbeiräten und sonstigen Beiräten für die Angelegenheiten ihres Beirates. (Q)
In der letzten Ratssitzung habe ich eine Erklärung gefordert.
Diese konnte oder wollte man mir zu diesem Zeitpunkt nicht geben, sondern sagte mir eine schriftliche Stellungnahme zur nächsten Ratssitzung zu.
Dennoch kann ich mir keine Begründung vorstellen, die diese nach meinem Empfinden bewusste und gezielte Falschaussage gegenüber den politischen Vertretern rechtfertigt.
Als Mitglied einer politischen Fraktion repräsentiere ich die Interessen der Bevölkerung der Stadt. Ich entscheide mit darüber, wie sich die Stadt entwickelt, wie sie auf Probleme reagiert und suche Möglichkeiten, unsere Heimat ein wenig lebenswerter zu gestalten. Ich bin in der Ausübung meines Mandats darauf angewiesen, dass ich den Informationen der Stadtverwaltung vertrauen kann, besonders, wenn ich gezielte Fragen zu einem Thema stelle.
Leider hat es sich gezeigt, dass ich den gegebenen Informationen eben nicht vertrauen kann. Auch in der Vergangenheit musste ich schon öfter um die mir zustehenden Informationen kämpfen – teilweise sogar schon recht rabiat. (Link)
Meine Erwartungen als Politischer Vertreter der Bürger Wedels habe ich bereits in der letzten Ratssitzung deutlich gemacht und ich erwarte, dass sich die Stadtverwaltung zukünftig daran hält:
Löwenseelenkaters politische Spielregeln:
Ich erwarte, von der Stadtverwaltung nicht möglichst wenige,
sondern möglichst viele Informationen zu bekommen.
Ich erwarte, dass man mir Probleme nennt anstatt sie vor mir zu verstecken.
Das bewusste Weglassen von wichtigen Informationen ist ebenfalls eine Lüge.
Ich erwarte, auf einfache Fragen zeitnah Antwort zu erhalten.
Ich erwarte, die Wahrheit zu erfahren.
Ich empfinde bewusste Falschinformation oder das Weglassen von wichtigen Information und Hintergründen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern als eines der großen Probleme, an denen unsere Stadt erkrankt ist.
Im Wahlkampf habe ich versprochen, mich für politische Transparenz einzusetzen.
Die Stadtverwaltung hat zu dem Fall bislang kein Problembewusstsein gezeigt.
Daher habe ich mich dazu entschieden, die Kommunalaufsicht einzuschalten.
Als neutrales Gremium wird das Innenministerium
diese Angelegenheit unvoreingenommen beurteilen können.
Das tut wahrscheinlich allen im Ratssaal mal ganz gut.
Es verbleibt weiterhin kämpferisch, euer
Bastian Sue – der Löwenseelenkater
Pressespiegel:
Artikel im Pinneberger Abendblatt:
Schlammschlacht um Beachclub am Elbstand (Paywall)
Artikel im Wedel-Schulauer Tageblatt:
Vertrags-Zoff um den Wedeler Beachclub (Paywall)
Hat euch dieser Beitrag gefallen?
Gib dem Löwenseelenkater doch einen Kaffee aus und unterstütze den Blog auf Patreon,
damit diese Seite weiterhin werbefrei bleiben kann!
LINK: www.patreon.com/WedelBlog
Danke für Deinen Einsatz und diesen Artikel! Dann bleibt nur zu hoffen, dass die Kommunalaufsicht den Verdunkelungsbürgermeister und seine verlogenen Gehilfen in der Verwaltung mit der erforderlichen Härte maßregelt. Besserung sollte man sich davon aber nicht erwarten, die kommen aus ihren in vielen Jahren eingeübten Mustern nicht mehr raus. Immerhin wird die Kommunalaufsicht so auch mal auf das miese Vertragsmanagement der Stadt aufmerksam, dass vom RPA immer wieder erfolglos moniert wird.
Moin, Super! Das verspricht ja interessant zu werden mit der Aufsicht.Ob die den Zeit haben . Grüße, Kaffee. ….der x-te …..ist dir sicher Grüße Barbara