Containern – Straftäter aus Überzeugung

police-officers-2556094_960_720Ja, ich gestehe: Ich begehe regelmäßig eine Straftat.

Mancher könnte nun denken, dass ich einmal die Woche losziehe und jemanden umbringe. So schlimm ist es nicht. Ich ziehe auch nicht randalierend durch die Stadt, mache Cum-Ex-Geschäfte oder illegale Finanzabsprachen oder organisiere in der Politik irgendwelche Gefälligkeitsplanungen.

Nein, mein grausames Verbrechen lautet:

Ich wühle einmal die Woche im Müll.


Wandeln im kriminellen Milieu

Containern ist eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch.

Also ebenso wie….
– Raub (§ 249)
– Mord (§ 211)
– Bestechung (§ 108e)
– Wettbewerbsbeschränkende Gefälligkeitsplanungen bei Ausschreibungen (§ 289)
– das Entfernen amtlicher Bekanntmachungen (§ 134)
– Terrorismusfinanzierung (§ 89c)
– Zertreten von Dosenpfand (§ 290)
– Werbung für den Abbruch von Schwangerschaften (§ 219a)
– das Verursachen einer nuklearen Explosion (§ 307)

Vom Gesetz her ist es verboten,
die Mülltonne eines Supermarktes nach brauchbaren Lebensmitteln zu durchsuchen. Denn Containern gilt als Diebstahl und beim Betreten des Supermarktgrundstückes außerhalb der Öffnungszeiten gegebenenfalls auch als Hausfriedensbruch.

Erlaubt ist seit dem 1. Januar 2017 hingegen übrigens, in unserem Land Angriffskriege zu planen und auszuführen, jedenfalls, solange man dabei zu Deutschlands Alliierten zählt.

Aber ich bin kein Jurist und möglicherweise ist das Wühlen in einer Mülltonne eine größere Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung.


Warum werfen Supermärkte so viele Lebensmittel weg?

Alleine in München werden täglich 168.000 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen.garbage-2729608_640

Gemüse wird weggeworfen, weil es Flecken hat und die Kunden lieber Bilderbuchgemüse in der Auslage sehen wollen.
Ist eine Orange in einem Netz zerdrückt oder verschimmelt, ist es einfacher, das ganze Netz wergzuwerfen, statt die einzelne Frucht herauszusammeln.
Manchmal werden Lebensmittel auch einfach nur weggeworfen, weil eine neue Lieferung angekommen ist. Viele Supermärkte folgen zudem einer psychologischen Untersuchung, bei der sich erwiesen hat, dass Kunden eher aus vollen Regalen kaufen, anstatt das letzte Stück aus einer leeren Auslage herauszunehmen. Also wird lieber etwas mehr bestellt und überflüssiges weggeworfen. Der Schaden hält sich dabei sehr in Grenzen.


Gesetze fördern die Lebensmittelverschwendung

Es gibt auch gar keinen Anreiz für einen Supermarkt, anders zu kalkulieren:
Wenn der Kunde dann nicht die Regale leerkauft, dann wird es eben weggeschmissen und abgeschrieben. Das heißt: der Supermarkt hat kein großes Minus in der Bilanz, wenn er die Lebensmittel wegschmeißt.

Unfassbar, aber so ist es tatsächlich:
Ein Supermarkt der Lebensmittel wegwirft, kann sie von der Steuer absetzen!

Die Gesetze verhindern das Wegwerfen von Lebensmitteln also nicht nur – sie begünstigen es sogar.

Mit anderen Worten: Es wird gepflanzt, geerntet, verarbeitet, verpackt, mit LKW oder Flugzeug nach Deutschland gebracht, auf Großmärkten gehandelt und dann weggeworfen. Die Supermärkte haben kaum einen finanziellen Schaden davon – den hat der Steuerzahler.

Legalize it? Keine Besserung in Sicht.

Vor einigen Tagen hat der Hamburger Justizsenator Till Steffen (GRÜNE) versucht, das Containern zu legalisieren. Dabei scheiterte er bei einer Konferenz der Justizminister der Bundesländer allerdings an den Vertretern von CDU und CSU:
LINK -> Tagesschau.de

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Und dann komme ich, der Straftäter.

Verschuldet, anspruchslos, prinzipientreu und konsumkritisch.
Und vor allem umweltbewusst.

Die Lebensmittelproduktion verbraucht bei einem Kilo…

  • Rindfleisch = 15.000 – 20.000 Liter Wasser
  • Schweinefleisch = 4.800 Liter Wasser
  • Käse = 5.000 Liter Wasser
  • Geflügel = 4.100 Liter Wasser
  • Hühnerfleisch = 3900 Liter Wasser
  • Karotten = 131 Liter Wasser
  • Eier = 3.300 Liter Wasser
    (Ein (!) Ei verbraucht in der Herstellung 200 Liter Wasser!)

Dazu kommen noch Transport, Plastikverpackungen und Arbeitskraft.
All das werfen Supermärkte weg. Weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, die Verpackung zerdrückt wurde, oder neuere Ware geliefert wurde.

Aber „Mindestens haltbar bis: …“
bedeutet doch nicht automatisch  „Sofort tödlich ab: …“


Zudem koche ich öfter selber und esse auch viel gesünder, seit ich ab und zu mal Müll fresse.

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„Konsumiere! KONSUMIERE! KONSUUUUUMIIIEEEEREEE!“

shopping-879498_640Immer mehr Supermärkte schließen ihre Mülltonnen inzwischen ab, um die Mitnahme der weggeworfenen Lebensmittel zu verhindern. Viele Betreiber sind der Ansicht, dass ihnen Kundschaft verloren ginge, die die geretteten 3 Kilo argentinisches Ringerhüftsteak ansonsten in ihrem Laden gekauft hätten.

Diese Denkweise ist leider ein Symptom für das Endstadium in einer kapitalistischen Konsumgesellschaft:

„Ich brauche das Essen nicht mehr, obwohl es noch brauchbar ist
– aber dir gönne ich es trotzdem nicht!“

Mülltonnen abzuschließen ist eine absolut menschenverachtende und zudem höchst umweltfeindliche Einstellung.

Und auch deshalb bleibe ich mit dem Containern ein Straftäter aus moralischer Überzeugung.

Ganz öffentlich.


Bastian Sue,
euer Löwenseelenkater

 


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PS:
Wann und wo ich containern gehe bleibt natürlich mein Geheimnis.
Aber so viel sei verraten: Ich habe mich in Wedel immer nur an öffentlich zugänglichen Buffets bedient. Und da ich auch Klopapier und andere Dinge brauche, kaufe ich auch ganz regulär dort ein.


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