Im gestrigen Haupt- und Finanzausschuss flogen die Fetzen.
Nach der Ablehnung des Haushaltsplanes in der letzten Dezember-Ratssitzung gab es im gestrigen Haupt- und Finanzausschuss viele gegenseitige Vorhaltungen der einzelnen Fraktionen.
Vor allem die GRÜNEN warfen den Fraktionen, die den Haushaltsplan abgelehnt hatten fehlendes Bewusstsein für die Konsequenzen davon vor und deuten sogar eine mögliche Absprache zwischen CDU, FDP und LINKEN (!) an.
Die SPD sieht die Begründungen der ablehnenden Fraktionen als unzureichend und sieht ebenso ein fehlendes Verantwortungsbewussten für die Finanzlage beim Bürgermeister.
Die FDP erinnert an die fehlende Unterstützung bei ihren Sparvorschlägen, die LINKE betonte vor allem, dass ihre Ablehnung des Haushaltes keine Absprache mit CDU und FDP war, sondern ihre Zustimmung bereits im Vorjahr an die immer wieder ignorierte Umsetzung des Ratsbeschlusses zum Bau der Steinberg-Unterkünfte gebunden war, die wieder nicht begonnen wurde.
Und inmitten seiner unglücklichen Stadtverwaltungs-Kollegen erinnerte Bürgermeister Niels Schmidt daran, dass ein Haushaltsbeschluss am Ende immer aus Kompromissen bestehen muss.
Vor allem die CDU bekam ordentlich Feuer ab:
Stadtpräsident Schernikau (CDU) schien sich am Vortag beim Neujahrsempfang in seiner Rede für eine Zustimmung zum Haushalt einzusetzen und schien manchen Ratsmitgliedern ein fehlendes Bewusstsein für die Konsequenzen dieser Entscheidung nachzusagen. Doch ist Michael Schernikau eben auch Teil eben dieser Wedeler CDU, die den Haushalt ebenfalls abgelehnt hatte. „Man hätte ja nicht ahnen können, dass so viele Fraktionen den Haushalt ablehnen“, erklärte er schließlich und betonte, dass er als Stadtpräsident beim Neujahrsempfang eine überparteiliche Rolle einnehme.
Andreas Schnieber von der WSI stellte außerdem folgerichtig fest, dass die CDU in den Ausschüssen den 5 Teilbereichen des Haushaltes ihre Zustimmung erteilt hatte, dann aber trotz kompletter Zustimmung zum Inhalt das Gesamtpaket am Ende abgelehnt hat. Schnieber nannte das „ein politisches Spiel der CDU, aber keine ernsthafte Entscheidung“.
Kommentar vom Löwenseelenkater:
Es ist sehr positiv, dass Michael Schernikau seine Rolle als Stadtpräsident von der des CDU-Politikers trennt, denn als dieser repräsentiert er den ganzen Rat und nicht nur seine Partei.
Diese oben zitierte Äußerung ließ mich jedoch etwas stutzig werden:
„Man hätte ja nicht ahnen können, dass so viele Fraktionen den Haushalt ablehnen.“ – Wäre die Entscheidung der CDU denn eine andere gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass ihre Ablehnung des Haushaltes eine Mehrheit zur Folge haben wird?Die Tatsache, dass die CDU zwar allen 5 Teilhaushalten zugestimmt hatte, das Gesamtpaket schließlich aber abgelehnte, weckt die Vermutung, dass es sich um ein politisches Manöver gehandelt hat. Ein Manöver, dass eine womöglich auch für die CDU unerwartete Konsequenz, nämlich die mehrheitliche Ablehnung des Haushaltes, zur Folge hatte.
Für mich als Zuschauer der gestrigen Sitzung entstand der Eindruck, man habe sich mit der Ablehnung in in der Öffentlichkeit von der Verantwortung für die jetzige Haushaltslage distanzieren wollen, ohne wirklich dagegen zu sein – und ist dann unerwartet über diese Entscheidung gestolpert.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Stadtverwaltung wird den Haushaltsentwurf in der kommenden Ratssitzung am 23.1. erneut zur Abstimmung stellen – mit kleineren Anpassungen, doch der Betrag von 5 Millionen wird auch darin fehlen.
Ein mögliches Umdenken hat sich bereits angedeutet:
Am Ende der hitzigen Aussprache kündigte Renate Koschorrek (FDP) frustriert an:
Die FDP wolle über eine Zustimmung zum Haushalt bei der nächsten Ratssitzung nachdenken.
Damit wären die Mehrheiten neu verteilt und es bestünde zumindest die Möglichkeit, den Haushalt doch noch zu beschließen.
Löwenseelenkaters „Katerpolitik“
Die kommende Ratssitzung wird meine erste Sitzung als Ratsherr der Stadt Wedel sein.
Diese schwierige Entscheidung über den Haushalt der Stadt Wedel wird also gleich eine der ersten Abstimmungen, an der ich als vollwertiger Kommunalpolitiker teilnehmen werde. Zugleich ist es auch eine sehr wichtige Entscheidung, die die Zukunft der Stadt entscheidend beeinflussen wird.
Die Fraktion, der ich nach dem Rücktritt meiner Vorgängerin Barbara Kautz angehöre hat keinen Fraktionszwang. Ich kann mich bei Abstimmungen also völlig frei entscheiden, ohne an eine Parteilinie gebunden zu sein.
Im Gegensatz zu allen anderen Ratsmitgliedern habe ich bei diesem schwierigen Thema auch noch einen weiteren kleinen Vorteil:
Es wird mein erster Tag als Ratsherr sein. Als völlig unbeschriebenes Blatt kann ich deshalb völlig unbeeinflusst von irgendwelchen früheren Aussagen und Entscheidungen abstimmen. Es gab zu dem Thema noch keine Versprechen oder Argumente von mir, mit denen ich mich bei dieser wichtigen Abstimmung bereits auf eine Position festgelegt habe.
Trotzdem wird es natürlich keine einfache Entscheidung sein – denn es gibt keine perfekte Lösung für das Haushaltsloch. Mir ergeht es da also trotzdem nicht anders als allen anderen Ratsmitgliedern:
Es bleibt mir als frischgebackener Ratsherr nur, die Entscheidung zu treffen, die ich in der aktuellen Lage für die Stadt und ihre Bewohner für die Beste halte.
Euer Bastian Sue,
der Löwenseelenratsherr
Übrigens:
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Moin, Moin, herzlichen Glückwunsch dem neuen Ratsherrn!
Die Ablehnung des Haushalts durch die CDU hat Michael Kissig klar begründet und die wäre auch nicht anders ausgefallen, wenn die Mehrheitsverhältnisse anders gewesen wären. Auch wenn es eine positive Überraschung war, dass die Mehrheit das ebenso sieht. Am Ende sind es ja sogar 11 Mio Euro, die fehlen, wenn man realistisch statt schön rechnet, wie in der Haushaltsrede vorgerechnet wurde. Das kann man nicht gut heißen und immer wieder erneut die Augen zudrücken, vor Allem vor dem Hintergrund der ausgabenfreudigen Entscheider in Politik und Verwaltung. Die CDU hat seit Jahren bei finanziellen Entscheidungen angemahnt, dass das Geld nicht vom Himmel regnet und es wurde trotzdem von der Mehrheit immer mehr ausgegeben, als die Stadt hatte. Die Konsequenz war nun die Ablehnung. Sie hat hoffentlich den Anstoß gegeben, es ab jetzt besser zu machen und nur auszugeben, was solide gegenfinanziert ist und nicht zukünftig eine Grundsteuer von 1250% erfordert.
Viele Grüße, Christoph Matthiessen, CDU
Hallo Herr Matthiessen, auch Ihre Fraktion wurde von mir darüber informiert, dass die Stadt aufgrund einer falschen Rechtsauffassung ihre Möglichkeiten zur Refinanzierung sozialer Infrastrukturfolgekosten durch Umlagen zulasten der begünstigten Investoren bei B-Plan-bedürftigen Neubau- oder Verdichtungs-Projekten, die einen Anstieg der Einwohnerzahl nach sich ziehen, bei weitem nicht ausschöpft und sich so zu den Millionen, die allem Anschein nach in der Vergangenheit fahrlässig liegen gelassen wurden, wohl bald noch weitere Millionen gesellen werden. Sie wissen besser als ich, welche enormen Investitionen in den nächsten Jahren z. B. in Schulinfrastruktur fließen sollen, und es ist nicht ersichtlich, dass auch nur ein Bruchteil dieser Investitionen durch die in Wedel so genannten „Infrastrukturabgaben“ wieder hereingeholt werden soll. Dazu müsste die Stadt auch erst einmal die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, denn eine nach dem Bunderverwaltungsgericht erforderliche Gesamtplanung konnte ich trotz umfangreicher Recherchen nicht ausfindig machen.
Es mag mit meiner Person zu tun haben, dass die gesammelten Informationen und rechtlichen Ausführungen eines von mir beauftragten Rechtsanwaltes, die ich allen Fraktionen auf dem Silbertablett serviert habe, weitgehend ignoriert werden. Das ändert aber nichts daran, dass ich einen „dritten Weg“ aufgezeigt habe, die Alternativlosigkeit zu Kürzungen und/oder Steuererhöhungen, von der im Rathaus offenbar alle Akteure ausgehen, ist eben zumindest mittelfristig NICHT gegeben. Oder es liegt daran, dass Ihr Fraktionsvorsitzender hier nachhaltigst auf dem falschen Dampfer ist und gar keine Bereitschaft besteht, sich die Unterlagen auch nur mal durchzulesen.
Ein Fragenkatalog der Linken zum Thema wurde von der Verwaltung nur unvollständig und tweilweise ausweichend beantwortet, nährt aber den schlimmen Verdacht noch weiter, dass Wedel vielleicht nicht einmal die „Infrastrukturabgaben“ ausschöpft, die selbst ohne Gesamtplanung gefordert werden können.
Irgendwie wird da ab und zu irgendwas erhoben, auf welcher rechtlichen Grundlage und nach welchem Berechnungsschlüssel bleibt im Dunkeln. Die rechtliche Irritation der Verwaltung könnte im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass Investoren schon gezahlte „Infrastrukturabgaben“ erfolgreich zurückfordern, wie das Urteil des BVerwG vom 29.01.2009 aufzeigt.
Laut Auskunft der Verwaltung an die Linke wurden in den Jahren 2010 bis 2019 insgesamt 1.405.350 € „Infrastrukturabgaben“ eingenommen. Dem dürften im selben Zeitraum Dutzende Millionen an Investitionen in soziale Infastruktur gegenüberstehen. Selbst wenn man nicht weiß, dass viele andere Städte hier einen vielfach höheren Refinanzierungsgrad ihrer Investitionen erreichen, sollte einem doch auffallen, dass in Wedel ein krasses Missverhältnis besteht.
Vermutlich erfolgt auf diese Ausführungen auch wieder keine für mich erkennbare Reaktion, das ist OK. Gleichwohl will ich Ihnen die Unterlagen, die alles enthalten, was man benötigt, um sich kompetent mit dem Thema auseinandersetzen zu können, hier gerne noch einmal verlinken.
https://www.dropbox.com/sh/bbk1qh0p6tunn4n/AADbF9pXerDxOn0H3t2tmqmra?dl=0
Unabhängig davon, was die besten Handlungsoptionen gewesen wären, wer für die desolate Finanzlage zuständig ist und wie es weitergeht: vielen Dank für die neutrale Berichterstattung und die klare Kennzeichnung von „Hier kommt meine persönliche Meinung“-Abschnitten. Als direkt Beteiligter haben Sie natürlich auch Meinungen, umso größer das Lob dafür, sie hier herauszuhalten und über die Tatsachen zu informieren.
Mehr Journalismus von dieser Qualität wünsche ich mir überall, dann würde ich freiwillig die Rundfunksteuer, ähh, Demokratieabgabe, zahlen, weil ich das, was daraus finanziert wird, für nützlich hielte, gleichgültig, ob ich es lese, höre oder im Fernsehen sehe oder nicht. Schade, dass das offenbar nur individuell möglich ist, aber nicht institutionell.