Am Montag wirst du dann mal anstatt mit dem Auto mit dem Fahrrad aus Hamburg nach Wedel fahren.
Und dann wirst du endlich mal das dritte Zimmer streichen.
Zugegeben, das klang schon sehr ambitioniert. Wie Pläne eben so klingen.
Heute scheitert es an einer schlichten Erkältung.
Wobei es sich natürlich nicht um eine gewöhnliche Erkältung handelt, sondern um eine Männergrippe. Das ist ja bekanntlich so ziemlich die schlimmste Krankheit der Welt, stellt sogar Superaidskrebsebola völlig in den Schatten und endet in 99,9% aller Fälle fast tödlich.
Die Baustelle entwickelt sich ja eigentlich gerade prächtig und diese Woche ein weiteres Zimmer so weit zu bekommen, dort den Fußboden verlegen zu können wäre ein weiterer erledigter Punkt auf der langen Liste mit offenen Aufgaben gewesen.
Motivation für die anstehenden Renovierungsaufgaben zu finden ist ja sowieso nicht immer leicht. Meistens ist es dann ein Hörbuch, das ich genieße, während ich nebenbei mit beiden Händen im Farbeimer nach dem fallengelassenen Pinsel suche. Und wenn ich die angefangene Geschichte dann weiter hören möchte, dann muss ich eben auch weiter renovieren. Eine faire Abmachung mit mir selbst und gleichzeitig einer dieser vielen schmutzigen Tricks, mit denen ich dem eigenen inneren Schweinehund begegne.
Als Selbstständiger hat man einen großen Vorteil:
Niemand zwingt einen dazu, jeden Morgen zur Arbeit zu gehenUnd man hat als Selbstständiger einen großen Nachteil:
Niemand zwingt einen dazu, jeden Morgen zur Arbeit zu gehen.
Ambitionierte Vorhaben, oder auch „Was ich nächste Woche so alles erledigen werde“ werden ja mit Vorliebe am Wochenende oder zum Jahreswechsel gefasst. In der Arbeitswelt gilt Morgen als undefinierter zukünftiger Zeitraum, in dem alle in der Menschheitsgeschichte noch anfallenden Arbeiten vielleicht von irgendwem irgendwann mal gemacht werden. Oder wenn nicht, wird es halt auch dann morgen gemacht.
Seltsamerweise scheiterte es heute aber überraschenderweise nicht an einem der üblichen Gründen.
(Die üblichen Gründe sind bei mir ja meistens reine Faulheit (schlecht)
oder ein bezahlter Schreibauftrag (gut) )
Heute ist es Fieber. Mindestens 40° im Schatten.
Und eines ist sicher:
Ich, der Löwenseelenkater, liege ganz offensichtlich im Sterben.
Deswegen kann ich heute (mal wieder) nicht nach Wedel fahren und nicht weiter an meinem Eigenheim bauen.
Stattdessen dampft neben mir eine Tasse heisser Zitronentee, die Wärmflasche liegt in meinem Nacken und die Wärmkatze auf meinen Füßen, so wie das Fusselmonster es immer so gerne tut.
Die benutzten Taschentücher stapeln sich langsam und ab und zu kommt ein netter Chat von Freunden an ihren Arbeitsplätzen auf mein Handy. Er könnte für mich aber aktuell genausogut aus einer anderen Dimension stammen. Die dicke Kuscheldecke ist ein Kokon der mich komplett vor der garstigen Außenwelt abschirmt und neben einer Kerze ist der Fernseher die einzige Lichtquelle die ich zulasse. Draußen vor dem Fenster herrscht ein dichtes Schneetreiben und ein dick vermummter Radfahrer lenkt meinen Blick lange genug von meiner aktuellen Lieblingsserie ab um etwas Mitleid für ihn zu empfinden.
Ja, ich fühle mich aktuell ziemlich elend. Und sehr faul.
Doch wenn ich aus dem Fenster sehe,
hat es sich aber auch noch nie so gemütlich angefühlt, krank zu sein.
– Bastian Sue,
der Löwenschnodderkater