Gastbeitrag: WedelNet Hotspots – Bestandsaufnahme, Kritik und Empfehlungen

von Sven Kloevekorn, 16.09.2018


WedelNet Hotspots

Bestandsaufnahme, Kritik und Empfehlungen


Einleitung

Seit Dezember 2016 stellen die Stadtwerke Wedel in der Bahnhofstraße kostenloses WLAN zur Verfügung.

hotspot

Die Abdeckung soll vom Rathausplatz/ZOB bis zur Doppeleiche reichen, die Anzahl der maximal möglichen gleichzeitigen Nutzer liegt bei 1.000. Dazu wurden im entsprechenden Bereich zahlreiche WLAN-Router in Kästen verschiedener Größe installiert.

Ziel war es nach Aussage des Bürgermeisters, die Attraktivität der Bahnhofstraße für Arbeitnehmer, Bewohner und Passanten, aber auch für Touristen und Ausflügler durch die moderne digitale Infrastruktur zu erhöhen. Die Kosten für das Projekt wurden öffentlich nicht genau beziffert, es soll sich aber um einen fünfstelligen Betrag handeln.

In diesem Artikel wollen wir der Frage nachgehen, was die WedelNet Hotspots den Besuchern unserer Einkaufsmeile derzeit bieten, wie attraktiv oder unattraktiv sich die Nutzung darstellt und welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um die Attraktivität dieses grundsätzlich sinnvollen Angebots zu erhöhen.


Problem: Zugangshürden

Eine Zugangshürde, die viele potentielle Nutzer abgeschreckt haben dürfte, lag zu Beginn sicher im umständlichen Anmeldeprozess. Wir verweisen hier auf die entsprechenden Ausführungen auf der Seite der Stadtwerke:
https://www.stadtwerke-wedel.de/wlan

Zu einem uns nicht bekannten Zeitpunkt wurde der Anmeldevorgang dahingehend geändert, dass es jetzt nur noch erforderlich ist, alle 24 Stunden auf einer vorgeschalteten Seite die Nutzungsbedingungen zu akzeptieren. Die Seite der Stadtwerke wurde noch nicht entsprechend angepasst.

Empfehlung: Deaktivierung der Vorschaltseite

Wie man diesem Heise-Artikel und zahlreichen weiteren Quellen entnehmen kann, besteht aufgrund der erneut geänderten Gesetzeslage keine rechtliche Notwendigkeit für eine vorgeschaltete Seite mehr, auf der Nutzungsbedingungen akzeptiert werden müssen.
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Analyse-Endlich-offenes-WLAN-3861616.html
Somit stellt die Vorschaltseite eine unnötige Zugangshürde dar, die bei jeder neuen Verbindung mit den Hotspots außerhalb des 24-Stunden-Zeitfensters eine Nutzerinteraktion erfordert. Ohne Vorschaltseite würden sich etwa Smartphones mit entsprechenden Einstellungen automatisch bei den Hotspots anmelden, sobald sie in Reichweite sind.

Es ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass diese Maßnahme das Potenzial hätte, die Anzahl der Nutzer deutlich zu erhöhen.


Problem: Oft schlechte Qualität der WLAN-Verbindung

Die Qualität einer WLAN-Verbindung ist von zahlreichen Faktoren wie zum Beispiel der Sendeleistung des Routers, der Empfangsleistung der Clients, der Auslastung der genutzten Sendefrequenzen sowie natürlich von der Umgebung mit eventuellen Hindernissen abhängig.

2,4-GHz-WLAN überlaufen

Die installierten WLAN-Router funken ausschließlich auf dem in zentralen Bereichen wie der Bahnhofstraße mit ihren zahlreichen Geschäften und Anwohnern hoffnungslos überlaufenen 2,4-Gigahertz-Frequenzband. Unsere Messungen (Screenshot unten) haben ergeben, dass die von den Hotspots verwendeten Frequenzbereiche zumeist mehrfach belegt sind, was die Übertragungsgeschwindigkeit erheblich beeinträchtigen kann.

Abb1
Abbildung 1: Das 2,4-GHz-Band in der Bahnhofstraße

Empfehlung: Installation von Dualband-Routern

Dieses Problem ließe sich durch die Installation von neuen (seit 2013 erhältlichen) Routern umgehen, die neben dem 2,4-Gigahertz-Band auch das immer noch deutlich weniger frequentierte und damit seltener und weniger stark überlastete 5-Gigahertz-Band und den WLAN-Standard IEEE 802.11ac beherrschen. Der Fachbegriff für diese bereits seit einigen Jahren den Markt dominierenden Geräte lautet Dualband-Router.

Abb2
Abbildung 2: Das 5-GHz-Band in der Bahnhofstraße

Auf das 2,4-Gigahertz-Frequenzband verstehen sich so gut wie alle derzeit in Gebrauch befindlichen WLAN-Geräte wie Notebooks und Tablets, auf den neueren Standard ein erheblicher Teil, der sich ständig vergrößert, da nur noch Geräte der untersten Preiskategorie ohne IEEE802.11ac auf den Markt kommen.

Da viele Dualband-fähige Clients ein vorhandenes 5-Gigahertz-Signal bevorzugen, würde die Installation neuer Router zusätzlich das 2,4-Gigahertz-Frequenzband entlasten. Im Hinblick auf den parallelen Betrieb beider Frequenzbänder fällt auch die etwas geringere Reichweite der 5-Gigahertz-Signale nicht ins Gewicht.

Optional: MU-MIMO, Band Steering…

Um zukunftssicher aufgestellt zu sein, wäre es sinnvoll, neue Router zu beschaffen, die moderne Technologien zur weiteren Verbesserung der Verbindungsqualität beherrschen, was bei entsprechender Auswahl keine erheblichen Mehrkosten verursachen muss. Die Erläuterung solcher Features an dieser Stelle würde den Rahmen des Artikels sprengen.


Problem: Übertragungsgeschwindigkeit < 2 MBit/s

Für die Messungen der Übertragungsgeschwindigkeit haben wir ein Samsung Galaxy S6 sowie die bewährte App „Speedtest“ von Ookla verwendet.

Auf dem Weg von der Doppeleiche bis zur Kreuzung Feldstraße haben wir uns mehrfach neben einen der Router-Kästen gestellt, das WLAN am Smartphone deaktiviert und wieder aktiviert, um sicherzustellen, dass wirklich Verbindung zum nächstgelegenen Router besteht, und die Messung per App durchgeführt.

Wie man den Screenshots oben entnehmen kann, stellen die WedelNet Hotspots ihren Nutzern nur eine maximale Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 2 MBit/s zur Verfügung, was schon 2016 und erst recht 2018 bei weitem nicht mehr zeitgemäß war bzw. ist. Schließlich stehen die Hotspots oft in Konkurrenz zu Mobilfunk-Flatrates, die bereits eine vielfach höhere Übertragungsgeschwindigkeit bieten. Die derzeitigen 2 MBit/s sind derartig knapp bemessen, dass in Verbindung mit der oft schlechten Übertragungsqualität nicht einmal flüssiges Surfen auf einem Mobilgerät sichergestellt ist, was abschreckenden Charakter besitzt.

Da unsere Messungen eine höhere WLAN-Kapazität als die 2 MBit/s ausweisen, ist davon auszugehen, dass hier eine künstliche Limitierung auf maximal 2 MBit/s pro Client eingerichtet wurde.

Empfehlung: Limitierung auf 16 MBit/s pro Client

Nachdem bereits günstige Mobilfunkverträge eine Übertragungsgeschwindigkeit von 20 MBit/s ermöglichen, sollte ein kostenloses WLAN hier zumindest in die Nähe kommen und vor allem flüssiges Surfen auch auf aufwändigen Internetseiten ermöglichen.

Sollten Sorgen bestehen, dass die hinter den Hotspots stehende(n) Internetleitung(en) nicht die erforderliche Kapazität mitbringen, sollte die zur Verfügung stehende Kapazität besser gleichmäßig auf die angemeldeten Clients verteilt werden, statt die Clients künstlich zu limitieren, was bei Verwendung aktueller Hardware und ggf. eines WLAN-Controllers kein Problem darstellen würde.


Problem: Kein Handover

Nach unseren Beobachtungen beherrschen die Hotspots kein sogenanntes Handover, bei dem Verbindungen von Clients wie Smartphones etwa bei einem Spaziergang durch die Bahnhofstraße nahtlos von einem an den nächsten Hotspot weitergereicht werden, sodass Verbindungsabbrüche vermieden werden und gleichzeitig eine möglichst hohe Übertragungsqualität gewährleistet ist.

Zu beobachten ist hingegen folgendes, für veraltete WLAN-Netzwerke typisches Verhalten: Stellt man sich neben einen der Hotspots, meldet sich dort an und entfernt sich dann, sinkt die Übertragungsgeschwindigkeit in etwa proportional zur Signalstärke immer weiter ab, bis das Smartphone die Verbindung verliert. Zu diesem Zeitpunkt steht man aber oft bereits neben dem nächsten Hotspot, bei dem es sich dann neu anmeldet.

Bei einem Handover nach aktuellem Stand der Technik wird der Zeitpunkt erkannt, an dem der Hotspot, auf den man sich zubewegt, dem Client eine bessere Verbindungsqualität gewährleistet als derjenige, von dem man sich entfernt. Zu diesem Zeitpunkt findet dann bereits die Übergabe des Clients an den neuen Hotspot statt. Wäre diese nicht ganz neue Technologie Ende 2016 schon zum Einsatz gekommen, hätten wahrscheinlich weniger Router-Kästen aufgestellt werden müssen. Die teilweise erstaunlich geringen Abstände der Hotspots zueinander scheinen eher auf das jetzt vorliegende Verhalten ausgelegt zu sein.

Empfehlung: Verwendung bzw. entsprechende Konfiguration eines WLAN-Controllers / Aufbau eines Mesh-Netzwerkes

Hierzu muss noch gesagt werden, dass die zur Verfügung stehenden Technologien für die Gewährleistung eines sauberen Handover teilweise von den Clients unterstützt werden müssen.


Bessere Versorgung von Bahnhof und ZOB

Am Bahnhof, im Bahnhof, auf den Bahnsteigen, in wartenden Zügen sowie auf dem ZOB hält sich regelmäßig eine größere Anzahl von Menschen auf. Während in der Bahnhofstraße eine einigermaßen lückenlose Abdeckung mit Hotspots gegeben ist, trifft das ausgerechnet auf diese Bereiche nicht zu.

Empfehlung: Installation zusätzlicher Router-Kästen


Vermeidung von Missbrauch durch Anwohner und Geschäfte

So gut wie alle gängigen Router-Systeme bieten eine MAC-Adressen-basierte Nutzungslimitierung an. Anhand einer MAC-Adresse kann jedes WLAN-fähige Gerät auf der Welt eindeutig im Netzwerk identifiziert werden. Um Missbrauch zu vermeiden, würde sich eine Begrenzung des Datenvolumens auf vielleicht 1 Gigabyte pro Client und Tag oder auch eine Begrenzung der Nutzungsdauer auf vielleicht 1 Stunde am Tag oder auch eine Kombination aus beidem anbieten.



Voraussichtliche Kosten

Mesh-fähige Dualband-Router mit der erforderlichen Ausstattung, Kapazität und Sendeleistung sind im Handel für Preise von 150 – 200 € zu bekommen. Ob die in die Kästen passen, ist uns nicht bekannt. Zu den weiteren Kosten können wir keine qualifizierten Prognosen abgeben.


Schlussbetrachtungen

Aus unserer Sicht erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass das WedelNet-Hotspot-Angebot so, wie es sich derzeit darstellt, in einem gewünschten Maße in Anspruch genommen wird, das die doch nicht ganz unerheblichen Investitionen rechtfertigt.

Die Verbindungsqualität ist oft schlecht, und eine maximale Kapazität von 2 MBit/s mutet heutzutage nahezu mittelalterlich an. Wenn man sich durch die Bahnhofstraße bewegt, kommt es immer wieder zu Verbindungsabbrüchen, und wichtige Gebiete im Bahnhofsbereich werden nicht hinreichend abgedeckt.

In der derzeitigen Form halten sich sowohl die Attraktivität als auch der Nutzen der WedelNet-Hotspots in sehr engen Grenzen. Hier sollte aus unserer Sicht nachgebessert werden, um dem schon getätigten Investitionen nachträglich mehr Sinn zu verleihen und aus dem Halben etwas Ganzes zu machen.


Autor:

Sven Kloevekorn, 16.09.2018

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