Kolumne: Darmok and Jalad in Wedel


„Wo die Chips wohnen!“
– Kommunikationsprobleme

Touristen sind in diesem Sommer aus bekannten Gründen ja eher rar gewesen. Und der Hafen ist momentan mal wieder eine teure Baustelle statt Sehenswürdigkeit. Aber auch im November ist Wedel für manche ein interessantes Ausflugsziel. Zumindest vermute ich, dass es sich bei diesem freundlichen älteren Paar aber weniger um Touristen, sondern eher um Geflüchtete gehandelt hat.

Deutsch sprachen sie nicht, und auch ihr Englisch hat viele wichtige Vokabeln vermissen lassen.

Als die beiden mich am südlichen Ende der Bahnhofstraße angesprochen haben, war die Kommunikation mit ihnen mehr als holprig.

Die erste Ansprache war unverständlich, doch was sie suchten entnahm ich dem fragenden „Chips?“ am Ende des Satzes.
Ich versuche mein Englisch verständlich zu halten und deutete die Bahnhofstraße entlang, wo der nächste Supermarkt zu finden ist. „Chips! Supermarket!“, habe ich freundlich erklärt und auf den nahen Discounter gezeigt. Das schien aber nicht so ganz richtig zu sein.

„Fish…Chips“, erklärte die Begleiterin.

Also Fish and Chips? Suchten sie ein Restaurant? Wohl kaum, für Briten sprachen sie nicht gerade gutes Englisch.
Während ich schon drüber nachgedacht habe, welche Speisekarte ich empfehlen könnte, fiel die Sprachbarriere noch ein wenig weiter.

Der Herr erklärte vehement „No! No Fish and Chips!“, dann machte er eine Bewegung, als ob er eine Wolke vom Himmel ziehen und mit der anderen Hand gleichzeitig einen Hamster streichen wolle. Und dann fiel der Satz, der mir im Gedächtnis blieb:
„Duud! Duud! Where Chips Home.“

Das Gespräch ging weiter und während man sich zu verständigen versuchte, folge ein seltsamer Satz dem Nächsten:
„Duud-Duud!“,
„Chip Home!“,
„Where Fish live!“


Und plötzlich befand ich mich auf dem Planeten El-Adrel.

Das ist diese Welt, auf die es Captain Picard vom Raumschiff Enterprise in der preisgekrönten Episode „Darmok“ verschlagen hat. (Link)

Er befand sich dort alleine mit einem Tamarianer, deren Sprache nur aus Metaphern und sprachlicher Verbildlichung besteht. Der Begriff „Darmok und Jalad at Tanagra“ bedeutete in ihrer Sprache beispielsweise „Freundschaft“. Denn in der Mythologie des Aliens waren Darmok und Jalad zwei Jäger auf der Insel Tanagra, die in schwierigen Zeiten lernten zusammenzuarbeiten.

Die Verständigung zwischen Captain Picard und dem Tamarianer war also sehr schwierig, da selbst das einfache, freundliche „Hallo, ich helfe dir“ schon aus der Metapher „Seine Arme weit!“ bestand, der Beschreibung einer begrüßenden, anbietenden Geste.


Zurück auf der Erde, in Wedel.

Hier standen die beiden Tamarianer vor mir, wie einst vor Captain Picard.
Und was ihnen an Vokabeln fehlte, haben sie einfach durch ähnliche Bilder ersetzt.

„Where the fish live!“ -Wo die Fische leben.
Was der freundliche Mann damit meinte war einfach nur der Fluss, die Elbe.

Ich hatte also gerade meine ersten tamarianischen Vokabeln gelernt.

„Chips? Duud. Duud!?“
– Natürlich ging es nicht um Chips zum Knabbern, sondern um Ships – Schiffe.
Die Handgesten bedeuteten ein Schiffshorn und sich bewegendes Wasser.

Ich hatte es dann doch endlich begriffen.
(Auf Tamarianisch:“Sokah! Meine Augen offen“)

Die beiden haben mich einfach nur den Weg zur Elbe gesucht.
Es fehlten ihnen nur die Worte Harbour und River.

Mit Händen und Füßen war der Weg zum Hafen leicht zu beschreiben.
Die beiden haben sich überschwänglich bedankt. Verstanden habe ich sie dabei nicht, aber die Bedeutung ihrer Gesten war klar: Ein Lächeln spricht schließlich jede Sprache.

Captain Picard wäre stolz auf mich gewesen!


Und während ich diesem freundlichen Tamarianer-Pärchen nachgesehen habe, ob sie auch wirklich dem richtigen Weg durch die Hafenstraße folgen, dachte ich darüber nach, was wir eigentlich zu Fremden sagen können, die unsere Sprache (noch) nicht gut verstehen.

Vielleicht sind die richtigen Wörter auch gar nicht so wichtig, solange die Bedeutung dahinter stimmt:

 

„Wedel! Unsere Arme weit!“

– Willkommen bei uns in Wedel, Freunde.


Euer Löwenseelenkater,
seine Augen offen!


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