Die Schildmaid und der Schreckensfürst

Es war einmal…

…in der kleinen Doppelstadt am Fluss, in Wedel und Schulau, wo es sich für die Meisten ihrer Bürger recht gut leben ließ. So ruhig und friedlich war es, dass es stets auch viele andere auf der Suche nach einem friedlichen Platz zum Leben hierhin verschlagen hatte.

Die Felder der Stadt waren üppig, und auch wenn manch Müller vielleicht mal etwas Korn falsch wog, so war es doch für alle ein Ort, an dem man vor Krieg und Gewalt oder vor manch Raubritter immer sicher war. Doch auch diese Stadt hatte in dunklen Zeiten einst manch Unheil gesehen.

Mancher alter Zorn fand sich noch verborgen, und daraus ließen die dunklen Schreckensfürsten mit schwarzer Magie und verdorbenen Worten in der kleinen Stadt bei manchen tiefen Hass entstehen. Nicht jedem ging es gut und Manche fanden gar in ihrer eigenen Misere oder der Sorge um die Zukunft dank dem dunklen Flüstern die Schuld viel zu leicht gerade genau bei denen, denen es in Wahrheit um vieles schlechter ging als ihnen selbst.

Dann geschah, scheinbar eine Ewigkeit ist es her, sogar ein Angriff auf die Ärmsten der Armen, die in der schönen Stadt am Strom ihre Zuflucht suchten.

Da sahen sich die Stadtväter und Damen in höchster Not. Entschieden mussten sie handeln und entschieden handelten sie. Noch in der selben Nacht nach dem abscheulichen Angriff auf einige schutzsuchende Leute aus dem Süden trafen sich die Stadtväter, und es war allen klar, was getan werden musste. Schon bald darauf hörte man es aus dem Rathaus rufen:

„Jemand muss sich dem Hass und den flüsternden Worten der Schreckensfürsten entgegenstellen!“,
riefen die Stadtväter, und andere ergänzten gleich darauf:
„Unsere schöne Stadt braucht Helden!“

So kam es, dass sich manch Tapfere aus dem Volk erhoben, einer nach dem anderen.
Sie alle hatten den Hass gesehen, der versteckt in ihrer friedlichen Stadt doch gärte und wollten ihm entschlossen Einhalt gebieten.

Bald darauf fand sich die erste Runde dieser Streiter zusammen, Gleiche unter Gleichen, die sich für Frieden in der Stadt und auch in der Welt engagieren wollten.

Allen anderen voran, doch mit der ganzen Stadt als Unterstützung hinter sich stellten sich somit die reinsten aller Herzen dem Hass der Schreckensfürsten entgegen. Keine Dunkle Magie hatte mehr Platz, kein Wort voller Hass war mehr gewollt in dieser Stadt.

Jahr um Jahr vergingen. Der Kreis der Tapferen verteidigte Arm und Reich, Bürger und Geflüchteten seither gleichermaßen. Die neuen Wächter liebten ihre Stadt und alle Menschen, woher sie auch kamen. Sie waren im Herzen gut, wünschten jedem ein Leben voller Frieden, und dass das Unheil alter Tage nie wieder geschehe.

Ganz besonderns hob sich dabei aber eine Schildmaid aus dem Volk hervor.

Sie hatte selbst schon die Schrecken des Krieges gesehen und wusste was der Hass zerstören konnte. Sie kannte die Schreckensfürsten, verlor ihre Schwester und manch andere an sie, war zur Flucht gezwungen und musste sich in einer fremden Welt eine neue Heimat schaffen. Sie kannte das Unheil, das die dunklen Lügen mit sich brachten und hielt auch zuvor schon manches mal dagegen an. Selten kämpfte sie wirklich mit Waffen, aber immer mit Vernunft und ihren Worten, um den Erhalt des Friedens zu geloben.

So begann die tapfere Schildmaid gemeinsam mit vielen anderen ihre Wacht über die Stadt am großen Fluss zu halten….

12475-vikings-lagertha-the-shieldmaiden-Bearbeitet2


Wedels Schildmaid…

Als ich Irmgard Jaskers das erste mal begegnete kam sie mir unscheinbar vor. Es war eine Sprechstunde einer der Wedeler Ortsparteien, kurz nach der Wahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern.

Als die kleine, etwas ältere Frau an dem Abend die Nachricht über das Erstarken der Rechten Parteien aufnahm, sprach sie mit traurigen Augen nur einige wenige Worte, die mir noch Tage später in den Ohren klangen: „Diese schlimmen Menschen“.

Meine neue Bekanntschaft – eine meiner Ersten in Wedel – kam mir in diesem Augenblick so verzweifelt, ja so zerbrechlich vor. Ich weiss nicht mehr, was ich ihr geantwortet habe, doch sie erzählte mir von der damaligen KZ-Außenstelle in Wedel.

Als jungem Menschen entstand bei dem Blick in ihre Augen bei mir sofort das Bedürfnis förmlich aufzuspringen und ihr Mut zu machen: „Machen sie sich keine Sorgen, gute Frau. Wir, die Jugend, wir wollen wachsam sein. Wir lassen nicht zu, dass so etwas Schlimmes bei uns noch mal geschieht!“. Ich hätte es am liebsten gleich in die ganze Welt hinaus geschrien.

Oh, wie habe ich mich damals in ihr getäuscht.


Der Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit

Link zur Vorstellung auf Wedel.de

IMG_19412
Letzten Samstag…

Des Stadtentdeckers erste Entdeckung.

Irmgard und ihren Mann Wolfram habe ich inzwischen besser kennengelernt. Schnell lernte ich, dass diese kleine, ältere Frau aber alles andere als verzweifelt gegenüber dem Erstarken der Rechten war:

Sie war entschlossen.

Erst später erfuhr ich, dass Irmgard neben vielen anderen Aktionen auch den Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit in Wedel organisiert.

Ich kam vor einigen Monaten gerade aus der Amtsstube, in der ich die Ummeldung eintragen ließ, als mit auf der Infotafel zwischen angekündigten Ratssitzungen der Arbeitskreis auffiel. Zu meiner Überraschung sah ich dort auch Irmgard wieder.
Die Mitglieder des Friedensnetzwerkes zählten somit zu meinen ersten Bekanntschaften in einer ansonsten fremden Stadt. Zeitgleich war dies auch einer der Anstöße, der zu der Idee führte über die neuentdeckte Stadt zu Bloggen.

Nach und nach habe ich unter den jüngeren Mitgliedern auch meine ersten neuen Freunde in Wedel gefunden.

14639696_1161752893912483_922268947076965579_n
Die KZ-Gedenkstätte Puttener Weg entstand aus dem Antrieb der Friedenswerkstatt

Bei den regelmäßigen Zusammenkünften finden sich nicht nur ältere und für ihren lebenslangen Einsatz geehrte Aktivisten wieder, sondern auch immer wieder junge Menschen. Der Arbeitskreis der Stadt Wedel hat sich seit Anfang der 90er zur Aufgabe gemacht, dem Fremdenhass und Neo-Nazistischem Gedankengut keinen Raum zu bieten. Dies tun sie gleichzeitig durch das Hochhalten der Erinnerungen, durch gezielte Flugblattaktionen, auch Protestteilnahmen und Mahnwachen.

Auch im nebenher auch noch privat betriebenen Friedenswerkstatt, deren Mitglieder sich zu großen Teilen mit dem Arbeitskreis überschneiden werden größere Themen behandelt und auch für andere Bürger in die öffentlichkeit gerückt: Amerikanische Waffentransporte in Bremen, Atomtransporte, demnächst der Besuch von Donald Trump.

Auch dabei wird der Friedenskreis wohl alles andere als ruhig bleiben.


…und Wedels Schreckensfürst

Das genaue Gegenteil von Irmgard und dem Friedensnetzwerk dürften „Heinrich“ und seine Internetfreunde sein. Als Wedeler Bürger und Selbstständiger mit eigenem Betrieb führt dieser Schreckensfürst in unserer Geschichte ein Dasein im Schatten. Öffentliche Auftritte von ihm sind sehr selten und in Wedel wohl auch kaum vorstellbar. Andernorts wurde er hingegen schon gesehen – doch sein wahres Betätigungsfeld liegt im Internet.

Wie auch der offen für Toleranz und Frieden werbenden Arbeitskreis der Stadt Wedel, engagieren sich Heinrich und seine Leute auch. Doch sie tun es eben dort, wo sie es versteckt tun können: Abseits der öffentlichkeit, auf Facebook, in sozialen Medien. Überall, wo sie unerreichbar bleiben.

Heinrich wirbt dort ebenfalls – er wirbt für den Hass.

 

Agitieren im Schatten

Heinrich ist unter anderem Administrator einer Facebookgruppe, in der rechtsradikale Thesen und Falschaussagen, sowie rechtsproagandistische Blogbeiträge geteilt werden.

Hier wird von ihm zum Teil durch massiven Blödsinn regelmäßig versucht, Stimmung gegen die demokratische Grundordnung, Flüchtlinge oder Ausländer zu schüren. Dabei werden vor allem Terroranschläge und Gewalttaten aus den Medien genutzt, um durch Angstmache und Terror eine scheinbare ständige Bedrohungslage für ein „Deutsches Volk“ aufzubauen, das es in der Realität aber so wie es Heinrichs Vorstellungen davon entspricht aber gar nicht gibt und tatsächlich auch noch niemals gab.

Kurz: Heinrich ist ein Wedeler Neonazi, wie er im Buche steht.

Übrigens:
Da der Wedel-Blog keine Plattform für derartiges Gedankengut bieten möchte, ist Heinrichs Name geändert worden. Auch die im Kreis Pinneberg agierenden rechten Gruppen in den sozialen Medien wurden bewusst nicht genannt oder mit Bildern zitiert.

 


Die Wacht der Tapferen

 

Wo die Schildmaid und der Kreis der Tapferen ihre Wacht hielten, da trieben sie die Schreckensfürsten zurück. Ihre Schriften zerschlugen sie, ihre Lügen ließen sie vergehen. Und ihre Schergen, ihre Anhänger – die nahmen sie bei der Hand und bekehrten sie durch Freundschaft und die Wahrheit über all die falschen Worte.

Immer seltener ließen sie sich daher die dunklen Fürsten sehen, immer weniger wurden sie, als ihre Schergen ihnen die Gefolgschaft verweigerten. Statt der dunklen Magie war es das helle Licht von Freundschaft und Solidarität, dass in der Stadt die Oberhand behielt.

Schreckensfürst

Besiegt und ohne Macht blieben den Schreckensfürsten nur die Schatten um sich zu verbergen, denn einmal an das Licht gezerrt mussten sie vergehen. Seither trieben sie sich in der Firnsternis umher, besiegt, verstoßen, unerwünscht in der schönen Doppelstadt am großen Fluss. Doch noch immer sinnen sie auf Rückkehr, sie träumen von alter Größe, von Fahnen im Wind, von blonden Kindern und einem reinen Blut, dass es aber in solcher Art noch niemals gab.
Sie fordern weiter für sich Größe, nur um zu verbergen, wie klein sie doch in Wahrheit sind. 

So vergingen Jahr um Jahr im stetigen Ringen der beiden Widersacher um die Vernunft, um das Gewissen und damit auch um die Seele der Stadt am großen Fluss. Mit immer neuen Worten, immer neuen, manchmal abscheulichen Taten und immer neuen Gesichtern präsentierten sich die Schreckensfürsten und versuchten die Herzen der Bürger zu vergiften.

Es gelang ihnen nie. Die Schildmaid blieb stets siegreich.


Warum die AfD in Wedel nicht mehr auftritt

Die rechtsnationale AfD hatte in Wedel vor nicht all zu langer Zeit mehrfach regelmäßige Infostände in der Bahnhofstraße angekündigt.  Doch tatsächlich vor Ort waren sie bisher nur ein einziges mal.

Denn der Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit war an diesem Tag ebenfalls dort. Und mit ihm viele weitere engagierte Bürger, die in ihrer Stadt keinen Platz für populistische Dreckssch…..für fremdenfeindliche Halbwahrheiten und propagandistische Angstmache sahen. Die Jungen waren dort um zu protestieren. Die Alten – sie hielten die Wahrheit hoch, und die Erinnerung. Nie wieder Krieg. Kein Platz für Hass in unserer Stadt. Unermüdlich wurde an dem Infostand gesprochen, diskutiert, argumentiert. Den populistischen Lügen wurde die Wahrheit entgegengestellt.

Irmgard war bei ihnen.

Inzwischen weiss ich:
Diese Frau ist nicht verzweifelt. Sie ist eine Kämpferin.

 

Blitzeis
Infostand trotz Januar-Blitzeis.

Im kältesten Januar hatten die Rechten erneut einen Infostand angekündigt – Blitzeis, klirrende Kälte, Schneeregen. Der Friedenskreis hingegen war auch bei härtestem Wetter zugegen. Doch die Rechten kamen gar nicht erst.
Sie haben gesehen, dass es in der Stadt in der Öffentlichkeit keinen Nährboden für sie gibt.

Wedels Schildmaid und ihre Tapferen stehen auch der AfD entgegen. Auch die sind nur ein weiterer Schreckensfürst, und auch er wird bald wieder vergehen.

 



Die ewige Wacht

7d8ea76f7d7d75b113965dba2cc8590a
Link: (Vermutliche) Bildquelle

 

Die Schildmaid und ihre Gefährten sind inzwischen alt geworden.

Bestimmt 30 Jahre lang, eine ganze Generation, wachte der Kreis der Tapferen seither schon über die Stadt, hält sie frei vom Zorn und lehrt sie, mit offenen Armen jeden Menschen willkommen zu heissen.

Ja, viele Jahre gingen seither ins Land. Doch noch immer halten die Streiter auch im tiefsten Grimmfrost ihre Wacht. Auch in dieser Zeit drohen die Schreckensfürstten erneut, ihre verdorbenen Worte in die Köpfe der Bürger zu lenken.
Doch die Wächterin fürchtet den Schreckensfürsten nicht. Sie treibt ihn noch immer fort, sie bietet keinen Platz für den Hass.

Eines lehrt sie der Stadt jedoch immer wieder: Es genügt nicht, einen Schreckensfürsten zu besiegen. Man muss auch stets bereit sein, und darf nicht zulassen, dass unbemerkt ein anderer von ihnen aus den Schatten tritt.

Irgendwann wird es auch an der Schildmaid sein,
die Lanze und ihren Schild an die Generationen nach ihr weiterzureichen.

Die Jüngeren sind bereit.
Viele Andere stehen hinter ihr, bereit sich für sie und für die Stadt allen dunklen Fürsten entgegenzustellen. Die Schildmaid hat sie alles gelehrt, was es braucht um die Welt ein wenig besser zu machen. Sie wird es mit dem Wissen tun können, dass ihr Erbe erhalten bleibt.

Doch bis dahin ist es noch eine lange Zeit und die Tapferen der Stadt werden noch längst nicht müde. Wenn sie irgendwann doch die Kraft verlässt, dann wird ein anderer den Schild zum Schutz der Stadt erheben.

Die schöne Stadt am Fluss ist nicht ohne Fehler,
doch sie wird niemals ohne Wächter sein. 

Ihre Schildmaid hat dafür gesorgt.


Bastian Sue,
der Löwenseelenkater

Ein Gedanke zu „Die Schildmaid und der Schreckensfürst“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.